Rezension zu ,,Still" von Zoran Drvenkar

,,Still" ist als Taschenbuchausgabe mit 416 Seiten am 08.03 2016 im Heyne Verlag erschienen.

Inhalt:

Wenn es Winter wird und Schnee und Eis alle Spuren verwischen, erwacht in den einsamen Wäldern Brandenburgs das Böse. Über Nacht verschwinden auf mysteriöse Weise Jungen und Mädchen. Kein Kind wurde je wiedergesehen. Nur ein Mädchen taucht unerwartet und verstört wieder auf, ihre Lippen sind seitdem verschlossen. Erst als ein verzweifelter Vater auf eigene Faust zu ermitteln beginnt, bricht sie ihr Schweigen. Doch damit dreht sich die Spirale des Bösen nur noch schneller. (Klappentext)

Cover:

Das Cover verzichtet auf große Farben oder Motive und ist für einen Thriller passend schlicht. Die Winterlandschaft mit der Hütte im Hintergrund passt ebenso zum Inhalt des Buches.

Charaktere:

Das Buch dreht sich um einen verzweifelten Vater Mika Stellar, dessen Kind vor Jahren entführt wurde. Als Mika ein Muster von verschiedenen Entführungen erkennt, wird er trotz dessen von der Polizei abgewiesen, sodass er beginnt auf eigene Faust zu ermitteln. Die Hauptperson handelt intelligent, auch wenn sein Vorgehen am Anfang echt verwirrend und undurchsichtig ist.

,,Ich bin nicht der, der ich sein wollte. Ich wurde zu dem, der ich bin, weil der Wind sich gedreht hat, weil ein Stern verlöscht ist oder irgendwo in Afrika ein Blatt vom Baum fiel. Ich weiß, es wird nicht ewig so weitergehen. Ich arbeite dran." S. 22

Eine wichtige Person ist Lucia, die vor vielen Jahren entführt wurde und es schaffte, auszubrechen. Seitdem lebt sie in einem Heim für Kranke, denn ihre  Lippen sind verschlossen. Bis Mika es schafft, sie zum Reden zu bringen um so mehr über die Entführer zu erfahren.

,,Und wann immer Schnee fällt, stirbst du ein bisschen mehr.
  Du bist eine Tote, die atmet. Du bist eine Tote, die wartet." S.17


Die Jäger, die Antagonisten der Geschichte, und ihre Handlungen sind erschreckend zu lesen. Sie jagen stets bei Winter ... und nicht Kaninchen oder Wild... Kranke Persönlichkeiten, mit der gleichen widerlichen Vorliebe.

Meine Meinung:

,,Sechs Jahre später sitzt du auf einem Stuhl und dein Bruder und deine Eltern sind nicht mehr. Ihre Namen, ihre Worte, ihre Gedanken. Die Erinnerung an sie befindet sich an einem verschlossenen Zimmer, vom dem niemand weiß, dass es existiert. Deine Erinnerung ruht dort und auch du ruhst. Ohne Bewusstsein, ohne Gedanken. Du kannst dieses Zimmer nicht betreten, denn du bist in dir selbst gefangen. Dein Bewusstsein ist ein zerbombtes Dorf, aus dem alle Bewohner geflohen sind." S.17

Das Buch ist nicht wie jedes Buch - das sieht man schon an der vom Autor gewünschten altdeutschen Rechtschreibung, den Gedankenstrichen anstatt Gänsefüßchen und der Schreibweise des Autors. Das Buch wird aus drei verschiedenen Sichten oder eher Erzählperspektiven erzählt. Das Geschehen von Mika wird in der Ich-Perspektive, das Geschehen rund um Lucia in der Du-Perspektive und das Geschehen der Jäger in der Sie-Perspektive geschrieben. Das wirkt erfrischend und die kurzen Kapitel machen das Lesen noch angenehmer. Ich bin persönlich ja immer ein Fan kurzer Kapitel.

,,Treten sie einen Schritt zurück und lassen Sie die Polizei ihre Arbeit machen. Auch wenn wir nicht immer sofort ein Ergebnis erzielen, wissen wir, was wir tun. Sie können da in etwas hineingeraten, das Sie nicht mehr kontrollieren können. Überlassen Sie uns die Suche. Ich garantiere Ihnen, keiner von uns wird Ihre Tochter vergessen.

-Danke, sagte ich, Das ist beruhigend." S.145


Dies ist nicht mein erstes Buch von Zoran Drvenkar, das war ,,Sag mir, was du siehst" und so kannte ich den leicht abgedrehten aber zugleich völlig literarischen Stil von dem Autor schon. Viele Metaphern nutzt er und zugleich wirken manche Sätze schon poetisch. Total interessant in Kombination mit der beklemmenden Story.

,,Der Winter ist die beste Zeit für die Jagd. Im Winter ist der Mensch in Not, denn die Kälte ist gnadenlos, es gibt nur Schnee und das Eis, und jeden Tag wird ums Überleben gekämpft. Der Winter war schon immer die Zeit des Jägers. " S.219
Wie man den anderen Rezensionen und dem Klappentext schon vielleicht entnehmen kann, geht es hier um Kindesentführung und Pädophile. Das an sich schockiert und ist vielleicht für manche ,,zu viel" in einem Thriller. Auch geht es um Gewalt von Kindern untereinander, die gegenseitig kämpfen und dabei über Leichen gehen müssen. Das Thema ist auf jeden Fall ganz schön erschreckend, allein schon die Schilderung, wie die Jäger die Kinder Nachts im Winter, wenn die Eltern weg sind, kidnappen und keine Spuren hinterlassen.
Ich muss auch sagen, dass mir diese Rezension nicht einfach fällt. Ich denke, den Autor muss man einfach ausprobieren. Wenn es einem gefällt, hat man definitiv bei allen seiner Bücher einen großen Thriller-Lesespaß.

,,Die Soldaten ritten in den Wald und dachten, sie würden ein leichtes Spiel haben. Sie konnten nicht wissen, dass die elf Kinder das Sterben ihres Dorfes aus dem Schutz der Bäume heraus beobachtet hatten. Sie konnten auch nicht wissen, dass diese Kinder von klein auf darauf vorbereitet wurden, jedem Feind zu trotzen. Ob Wildschwein oder Wolf, ob Bär oder Mensch." S.306

Fazit:
Dieser Thriller haut einen um.
Erschreckende Story, hochwertiger Schreibstil, kein 08/15 Kram und viel Spannung - für mich ein Highlight in Sachen Thriller.
,,Sag mir, was du siehst" kann ich ebenfalls weiterempfehlen auch wenn ich ,,Still" noch mal weit aus besser fand.

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