Arg provokative Kolumnensammlung über aktuelle gesellschaftliche Debatten

Jan Fleischhauer kannte ich zum Zeitpunkt des Buchkaufs tatsächlich gar nicht. Weder aus Film, Fernsehen oder seinen Büchern kannte ich Beiträge von ihm, auch seine Kolumnen waren mir nicht geläufig. Tatsächlich bin ich auf das Buch eher zufällig gestoßen und der provokante Titel erhaschte direkt meine Aufmerksamkeit. "How dare you!" lautet der Titel seiner Kolumnen-Sammlung, in der Fleischhauer eine Auswahl seiner "besten" Kolumnen präsentiert, die in den letzten Jahren im Spiegel oder im Focus in der Rubrik des "schwarzen Kanals" erschienen sind.

"Manche Leute sammeln Diskriminierungen wie andere Panini-Karten. Je mehr sie davon haben, umso besser fühlen sie sich. Man spricht von Mehrfachdiskriminierungen" S. 93 

Direkt aufgefallen sind mir zweierlei Dinge: Erstens, seine eloquente Art, sich wortgewandt auszudrücken und metaphorisch zu formulieren und zweitens, eine starke Abneigung gegenüber linker Politik, dich sich über das ganze Buch erstreckt. Fleischhauer, der sich scheinbar ordentlich von den Linken auf den Schlips getreten fühlt, war derweil selbst in seiner Jugend bekennender Linker, bevor er sich dem Konservatismus zuwandte. Besonders zu stören scheint ihm die, wie er es ausdrückt, linke Meinungsignoranz, die fehlende kritische Debatte und Diskurs bzgl. Gendern, Cancel Culture und allgemein, wie viel Hass und Schwarmdummheit im Netz existiert.

"Demokratische Wandlung setzt allerdings voraus, dass politisch Versprengten erlaubt wird, sich zu besinnen. Man kann Menschen auch in die Selbstradikalisierung treiben. Man muss ihnen nur immer wieder sagen, dass man sie für den letzten Dreck hält." S. 114

Zudem kann man den Stil des Autors als radikal bezeichnen, zwar besonders gegen links-grün, aber generell gegen alle in den Medien oder der Gesellschaft vorherrschenden Meinungen. Dabei finde ich Fleischhauers Provokationen zugleich in Teilen übertrieben, in anderen aber definitiv passend und interessant. Auch wenn ich viele Passagen und Meinungen von ihm nicht teile, finde ich seine Art, momentan vorherrschende gesellschaftliche Diskussionen in einem anderen Licht zu beleuchten und die Absurdität anfänglich sinnvoller Impulse und Veränderungen hervorzuheben.

Während des Lesens, habe ich mir auch das ein oder andere Video von ihm angeschaut. Während er in manchen Talkshows oder Videobeiträgen stark belesen und meinungsstark rüberkommt, glich er in Thilo Jungs Interview mit seinen Aussagen wirr und zusammenhangslos. Zusätzlich ist noch ein Kurz-Film über sein anderes Buch "Unter Linken" erschienen, welchen ich noch nicht beurteilen kann.

"Wir sind eine Gesellschaft unter permanenten Entschuldigungszwang. Irgendjemand fühlt sich immer beleidigt, sodass man aller Welt versichern muss, wie sehr es einem leidtue, welches Unrecht ihm und seinesgleichen widerfahren sei. Niemand sagt, reiß dich zusammen, deal with it, weine woanders. So etwas zu sagen gilt als unschicklich und schrecklich unsensibel" S. 233

Als Fazit hat mir diese Kolumnen-Sammlung des Autors gut gefallen. Er versteht es, politische Diskussionen sehr eloquent ins Absurde zu ziehen. Vielmals bedient er sich auch stupiden Klischees und lässt seine eigene politische Meinung (CSU-gerichtet) stark raushängen (was für eine Kolumne auch völlig in Ordnung ist). Für Leser, die aktuelle Debatten aus anderen Perspektiven und eine gänzlich andere Wahrnehmung kennenlernen wollen, kann ich Fleischhauer definitiv empfehlen. Zugleich sehr unterhaltend und zur Meinungsbildung anregend, wenn auch arg, fast schon pietätlos provokativ. 4/5

"Eines der Dinge, die mich an den Linken immer gestört haben, war die Opferpose. Wenn etwas nicht so läuft, wie man sich das vorgestellt hat, gilt es als ausgemacht, dass jemand Mächtiges seine Hand im Spiel hatte. Dann ist das Patriarchat schuld oder der Kapitalismus oder ganz allgemein das System. Leider geht mit dem Hang zur Opferhaltung eine schreckliche Empfindlichkeit einher. Kaum fühlt sich jemand benachteiligt oder nicht ausreichend beachtet, setzt ein großes Wehklagen ein, welchen Diskriminierungen man noch immer in Deutschland ausgesetzt sei." S. 159

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