Pflichtlektüre für jeden Stoiker


Nach Beendigung von Ryan Holidays geballter 365-Tage-Stoizismus-Kur ("Der tägliche Stoiker"), kam Interesse auf, die Ursprungsliteratur der großen Stoiker Mark Aurel, Epiktet und Seneca zu lesen. Durch die neu veröffentlichte Übersetzung des Klassikers "Selbstbetrachtung" im FBV Verlag, entschied ich mich zuerst für die Gedanken von Mark Aurel.

"Denn der Großteil dessen, was wir sagen und tun, ist nicht wesentlich. Wenn du all dies ausschließen kannst, hast du mehr Zeit und mehr innere Ruhe. Frage dich also in jedem Augenblick: Ist das wirklich nötig?" S.112

"Anders gesagt sind es nicht die Objekte und Ereignisse selbst, die ein Problem darstellen, sondern es ist die Interpretation, die wir ihnen beilegen." S. 31

Der Stoizismus erlebt gerade seine Renaissance. In den Sichtweisen der Stoiker finden sich viele Weisheiten, die man, meistens natürlich im anderen Kontext, auf sein eigenes Leben anwenden kann und besonders - auf seinen Geist und wie man denkt. In Zeiten der immer mehr aufkommenden Selbstoptimierung scheint es immer mehr auch den Geist zu betreffen, so setzen sich nicht mehr nur klassische Philosophen mit dem Stoizismus auseinander sondern die Philosophie setzt sich um den Geist zu stählern auch immer mehr bei Sportlern oder im Bereich der Karriere oder sogar im Militär durch. 

"Wer anderen schadet, schadet sich selbst. Ungerecht zu handeln, heißt, sich selbst unrecht zu behandeln. Es erniedrigt dich." S.199

Der Stoizismus ist am einfachsten als unerschütterliche Haltung gepaart mit Gelassenheit zu definieren. Dabei geht es nicht darum, den Schmerz zu suchen, sondern ihn Hinzunehmen und mit Gedanken zu besiegen.

"Jemand verachtet mich. Das ist sein Problem. Meines: Nichts zu tun oder zu sagen, was verächtlich ist. Jemand hasst mich. Sein Problem. Meines: Mit jedermann geduldig und gelassen zu sein, auch mit dieser Person. Bereit, ihm seine Fehler aufzuzeigen. Nicht voller Gehässigkeit oder um ihm meine fabelhafte Selbstdisziplin zu zeigen, sondern auf ehrliche, aufrechte Weise." S.237

Der Übersetzer Gregory Hays vergleicht den Stoizismus mit dem Beispiel von einem an einen Wagen geketteten Hund. Widersetzt er sich der Bewegung, wird er mitgeschleift. Doch die Wahl liegt dennoch bei ihm: Widersetzen oder mitlaufen. Auf dieselbe Weise seien auch die Menschen für ihre Entscheidungen verantwortlich und jeder könne sich aussuchen, ob man eine gegebene Situation hinnimmt und sich anpasst oder sich wehrt und sich letztendlich selbst schadet wie der Hund, der sich widersetzt und mitgeschleift wird und davon Schäden erleidet.

"Wie viel mehr Schaden richten Ärger und Schmerz an als die Dinge, die sie ausgelöst haben." S.241

"Wenn es nicht richtig ist, dann tue es nicht. Wenn es nicht wahr ist, dann sage es nicht." S.253

Die Selbstbetrachtungen von Mark Aurel sind definitiv keine "think positive" Anweisungen. Vielmehr lehrt er, mit dem Schmerz des Alltäglichen umzugehen und seiner Pflicht nachzugehen. Besonders überrascht bin ich, dass die Weisheiten dieser Notizsammlung, die ursprünglich nicht für die Veröffentlichung bestimmt war, mehr als 2000 Jahre alt ist. Nicht auszudenken was passiert wäre, hätten sich mehr Menschen in den letzten 2000 Jahre schon auf die Kernweisheiten berufen und sich mit Aurel, Seneca oder Epiktet auseinandergesetzt. Für mich persönlich ist der Stoizismus Balsam für den Geist. 4/5

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